Mit der Welt im Bunde
Über das Glück im Unglück.
Glück gehabt: neben die Hose gekleckert; Zug noch bekommen; schöne Wohnung gefunden; sechs Richtige angekreuzt; Familienfeier überlebt; richtiges Heft gekauft. Es gibt genügend Anlässe, Glück zu haben. Eigentlich könnte man immer mit allem Glück haben, wenn nur genug Glück zur Verfügung stünde. Glück scheint eine Masse zu haben, irgendwie materiell zu sein. Wenn es auch nicht exakt zähl- oder messbar ist, so merkt man doch immer schnell, wenn es sich häuft oder schwindet. Tendenziell könnte es aber immer noch etwas mehr sein.
Mit genügend Glück gelänge einem alles. Wenn man immer Glück hätte, würde man jedes Tor treffen und könnte über jedes Seil balancieren. Man hätte immer genügend Geld und die große Liebe sowieso. Was sonst als Zufall erscheint oder als Frucht großer Bemühungen, zeigt sich durch die pinke Glücksbrille als notwendige Fügung. Denn das Glück sagt: Die Welt steht mit dir im Bunde. Sie ist auf deiner Seite und spielt dir geschickt das richtige Schicksal zu.
Aber wer kein Glück hat, hat noch lange kein Pech. Er*sie hat einfach nichts, niemanden, der für sie*ihn oder gegen sie*ihn arbeitet, niemanden, der die Geschicke der Welt auf sein*ihr Wohl hinlenkt. Ohne Glück wären wir ganz allein verantwortlich für das Gelingen unserer Vorhaben, für ein schönes Leben, für unsere Zufriedenheit. Dabei lässt sich doch kaum allein ein Weg finden durch diese unübersichtliche Welt aus Möglichkeiten und Entscheidungen. Erst recht nicht, wenn man bedenkt, wie viele Menschen und Zufälle Einfluss auf unser Dasein haben. Sie können sich doch nicht alle nur nach unserem persönlichen Besten ausrichten — da müsste man schon viel Glück haben.
Denn Glück verbindet die verworrenen Wege unseres Lebens zu einem großen Plan. Selbst wenn man Pech hat. Schließlich weiß man nie, wozu es gut ist. Vielleicht zu einem späten Glück. Oder zum Glück im Unglück. So wie wenn man im Fahrstuhl stecken bleibt und dabei seinen Traummann kennenlernt. Egal wie es kommt: Sicher ist nur, mit Glück hat alles seinen Sinn. Denn auch Pech fällt niemandem ohne Grund zu, sondern weil die Welt es heute mal nicht so gut mit uns meinte wie sonst. Oder vielleicht war einfach kein Glück mehr übrig. Davon gibt es nämlich nicht beliebig viel. Allein schon weil des einen Glück des anderen Pech ist — manchmal. Ganz ausgeglichen ist Glück also nicht verteilt, aber sicher doch gerecht.
Denn im Glück oder im Unglück bleibt allen die Gewissheit: Wo Glück ist, da hat auch das Sinnlose Sinn, da fügen sich Zufälle zu einem großen Zusammenhang — da ist die Welt kein Zufall, sie ist Absicht. Und wenn wir Glück haben, sind ihre Absichten gut.