Du Y!
Generationen, das sind Schubladen: von Erdbeeren bis ans Ende des Alphabets.
Generation — das ist so eine Schublade, in die man reingesteckt wird, ohne sich wehren zu können. Irgendein*e Soziolog*in bedient sich am Alphabet, pappt einer*m seinen*ihren Lieblingsbuchstaben auf die Stirn und schon ist man entlarvt — als Mitglied der Generation X oder Y oder Z, als unfreiwillige*r Fußsoldat*in einer demografischen Kohorte. Ich habe das Ypsilon abbekommen. Ich bin „Digital Native“, Ureinwohner des Tech-Dschungels. Das habe ich im Internet gelesen, überführe mich also gleich selbst. Außerdem bin ich: postmaterialistisch, kapitalismuskritisch, sinnsuchend und ausgestattet mit einem übersteigerten Geltungsbedürfnis (dessen Ausprägung je nach Bösartigkeit [und Alter] des*der Autor*in variiert).
Im internationalen Vergleich ist diese Charakterisierung noch vergleichsweise charmant. In Taiwan nennt man Endzwanziger die „Erdbeergeneration“. Die jungen Damen und Herren seien leicht zu zerquetschen. Ein bisschen gesellschaftlicher Druck, ein wenig Stress bei der Arbeit, und schon sei eine Delle drin in den Leuten. Unappetitlich. In Südkorea kommt man ohne fruchtige Euphemismen aus. Dort spricht man von der „Give-up-Generation“, also Fast-Dreißigern, die in Sachen Liebe, Familienplanung und finanzieller Sicherheit im Vergleich zu ihren Eltern zwangsläufig Abstriche machen müssten.
Was uns Altersgenoss*innen über Grenzen hinweg vereint, ist also scheinbar vor allem unser Dauer-Abo auf die Arschkarte, das Scheitern an der eigenen Existenz — zumindest wenn man die Maßstäbe anlegt, die Baby-Boomern und Generation-X-lern als Gradmesser für ein erfülltes Leben verkauft wurden. Wir arbeiten viel und verdienen wenig, wählen Sanders und kriegen Trump, wollen ein stärkeres Europa und bekommen den Brexit. Doof gelaufen. Aber auch das sind ja wieder nur Generalisierungen. Denn eigentlich sind wir sowohl die, die mit Pussyhats auf dem Kopf für Frauenrechte demonstrieren, als auch die, die nachts um vier ein Mädchen die U-Bahn-Treppe runterschubsen. Wir sind die, die mit ihrer Familie aus Aleppo fliehen, aber auch die, die der Jungen AfD beitreten. Wir sind heterogen, aber heterogen klingt nicht so catchy wie Ypsilon.
Wenn ich mir meine Generationsbeschreibung aussuchen dürfte, so wie ein kleiner Steckbrief im Jahrbuch der Menschheitsgeschichte, stünde Folgendes drin: ist allergisch auf Verallgemeinerungen, weist Alternativlosigkeit zurück, erkennt die Komplexität der Dinge an, auch wenn es anstrengend ist, denkt oft nach und schämt sich nicht dafür, länger nach Lösungen suchen zu müssen als andere. Ob mir da viele Altersgenoss*innen Recht geben würden? Keine Ahnung. Generation ist eben so eine Schublade, in die man reingesteckt wird, ohne sich wehren zu können.